Gerätschaften mit Betriebsmitteln im europäischen Landverkehr zu transportieren, war bisher in der Regel kein Problem. Mit den neuen gesetzlichen Vorschriften wird sich das jedoch ändern. Denn einige Maschinen und Geräte gelten künftig als Gefahrgut.
Wenn Maschinen zu Gefahrgut werden
Rollen bald reihenweise Transporte mit einem alarmierend roten Symbol-Aufkleber übers Land? Ganz so dramatisch wird es wohl nicht werden. Dennoch: Einiges wird sich in Sachen Maschinentransport ändern. Denn Maschinen auf dem Landweg zu transportieren soll ab dem 1. Januar 2023 sicherer werden. Aber wie so oft, wenn etwas sicherer werden soll, wird es auch komplizierter.
Der Grund dafür ist die Neuregelung des ADR, des Eurpäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße. Anders als im See- und Luftverkehr war die Praxis im europäischen Landverkehr bisher nämlich großzügig als Ausnahme geregelt: Gefährliche Güter in Maschinen oder Geräten waren freigestellt. Mit dieser komfortablen Ausnahme ist es allerdings bald vorbei. Für den Transport auf dem Landweg werden schon bald strengere Regeln gelten.
Fortan muss bei jeder Maschine geklärt werden, ob sie in ihrem inneren Aufbau oder ihren Funktionselementen giftige Gase, entzündbare oder ätzende Betriebsstoffe enthält und deswegen als Gefahrgut zu behandeln ist. Erst wenn der Versender sie dann den Vorgaben des Gefahrzettels entsprechend verpackt, darf sie auf die Reise gehen.
Gefahrgut oder nicht?
Das klingt erstmal nicht übermäßig kompliziert, aber das Problem stellt explizit die eindeutige Klassifizierung von Gegenständen dar, die gefährliche Güter erhalten. Denn festzustellen, welche Maschinen und Geräte von der neuen Sondervorschrift betroffen sind und deswegen als Gefahrgut deklariert werden müssen, ist nicht ganz unkompliziert. Die Grundsatzfrage lautet nämlich: Welches Betriebsmittel ist eigentlich in der Maschine enthalten und liegt dafür überhaupt eine Gefahrguteinstufung vor?
Definieren, deklarieren, transportieren
Die gute Nachricht: Für jedes Betriebsmittel gibt es ein Sicherheitsdatenblatt. „Dort ist erkennbar, ob für das Betriebsmittel eine Gefahrguteinstufung vorhanden ist“, erklärt Alfred Winklhofer in den Gefahrgutmerkblättern der IHK Schwaben. „In diesem Fall wäre auch die Maschine, die mit diesem Betriebsmittel gefüllt ist, zu klassifizieren und einer UN-Nummer zuzuordnen mit entsprechenden Verpackungs- und Beförderungsregelungen.”
Wichtig: Auch Komponenten wie der Computer oder die Steuerung der Maschine müssen vor dem Versand überprüft werden. Schließlich könnte sich darin eine Lithium-Batterie oder ein mit Gas gefülltes Kühlgerät befinden.
Der nächste Schritt ist die korrekte Deklaration der Maschinen. Dafür verantwortlich ist das Unternehmen, das den Auftrag für den Transport erteilt. „Der Versender von Maschinen mit Gefahrgut ist in der Pflicht, die Maschinen als Gefahrgut zu deklarieren”, erläutert Prof. Norbert Müller, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Gefahrguttransport aus Duisburg im Branchenmagazin Produktion.
Explosionen im Sortierzentrum
Unterlässt er das, kann es ihm ergehen wie einer Firma für Metzgereibedarfshandel. Sie hatte einen Karton mit Spraydosen versendet, die im Sortierzentrum eines Paketdienstleisters plötzlich explodierten und damit einen Schaden von 1,4 Millionen Euro anrichteten. Der Versender hatte die Spraydosen ohne Schutzkappen und lose in den Karton gelegt, was nach den Verpackungsvorschriften der ADR verboten ist. In dem ruckelnden Karton auf dem Sortierband berührten sich die Sprühköpfe und Treibgas wurde freigesetzt. Als sich dann noch die Dosen im Karton berührten, entstanden kleinste Funken, die das Gas entzündeten. Inwieweit der Metzgereibedarfshändler für den Schaden haftbar gemacht werden kann, soll nun ein Gericht klären.
Ganz auf Nummer sicher
Das Beispiel zeigt: Die ADR erfasst nun auch Gegenstände, die bisher im Gefahrgutrecht nicht erfasst waren. Dass gerade bei kleineren Unternehmen, auch im Bereich Maschinenbau, die Gefahr besteht, dass diese Thematik nicht unbedingt präsent sei, gibt Prof. Müller weiter zu bedenken.
Eine umfassende Kenntnis der gesetzlichen Bestimmungen gehört für betroffene Firmen folglich zur unverzichtbaren Existenzsicherung. Idealerweise verfügt ein Unternehmen über einen Gefahrgutbeauftragten, der regelmäßig an Fortbildungen und Informationsveranstaltungen gemäß ADR teilnimmt. So bleibt er bezüglich der Beförderung gefährlicher Güter auf aktuellem Stand und geht ganz auf Nummer sicher.
Typische Betriebsmittel, die Maschinen zu Gefahrgut machen
- Flüssiggas
- Benzin
- Diesel
- Heizöl
- Öl
- Schmiermittel
- Lithium-Batterien
- Klimagase
- Hydrauliköl
Das sollten Sie vor einem Maschinentransport prüfen:
- Welche Betriebsstoffe befinden sich in der Maschine?
- Welche Infos haben diesbezüglich die beteiligten Abteilungen wie Projektmanagement, Konstruktion, Logistik und Gefahrgutbeauftragter?
- Was ist die korrekte Klassifizierung der Maschine?
- Liegen die notwendigen Beförderungspapiere vor?
- Ist das Versandstück zur Beförderung vorschriftsmäßig verpackt?
- Sind die Gefahrzettel am Versandstück angebracht?