Werkzeuge, Montageausrüstung sowie Mess- und Prüfgeräte für ein Projekt ins Ausland zu transferieren, erfordert eine exakte Planung und viel Kenntnis über Transportwege und Besonderheiten der einzelnen Länder. „Das A und O jedes Auslandseinsatzes sind die internationalen Zollpapiere, die über die IHK beantragt werden können“, macht Eric Ackermann als Leiter Materialwirtschaft von SCHOLPP in Chemnitz deutlich. In der Regel sollten Unternehmen hierfür das Zertifikat „Carnet ATA“ (Admission Temporaire) nutzen, sofern das Empfänger-Land das Carnet-Verfahren akzeptiert (Eine Länderübersicht finden Sie bei der Generalzolldirektion unter https://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Zoelle/Zollverfahren/Voruebergehende-Verwendung/Carnet-ATA/Vertragsparteien/vertragsparteien_node.html).
Auf diesem „Reisepass für Waren“ sind die gültigen Ein- und Ausfuhrbestimmungen der meisten Länder auf der Welt festgehalten. Die temporäre Ausfuhr entsprechender Waren ist befristet für ein Jahr erlaubt, eine Verlängerung aber oft problemlos möglich. Bedingung ist allerdings, dass die Waren in unverändertem Zustand und vollständig wieder zurückgeführt werden.
Taiwan stellt hierbei eine Ausnahme dar: So müssen Unternehmen, die auf den kleinen Inselstaat vorübergehend Waren transferieren möchten, das Zertifikat „Carnet CPD“ (Carnet de Passages en Douanes) vorweisen. Die damit verbundene Vereinbarung gilt zwischen der Europäischen Union und Taiwan und kann auch nur in diesem Verhältnis angewendet werden. Was beide Carnet-Papiere eint: Sie ermöglichen eine zügigere Grenzabfertigung – ein absolutes Muss, um den Zeitplan für Transport und Montage von Maschinen einzuhalten.
Transportwege: Zeit und Kosten abwägen
Die Vorlaufzeit ist freilich immer abhängig von der Auftragsdimension. In der Regel benötigen Projektleiter in Zusammenarbeit mit der Materialwirtschaft und Personaldisposition vier Wochen für die Planung und Umsetzung. In diesem Zeitraum bestimmen die Verantwortlichen Größe und Anzahl des erforderlichen Materials und legen den Transportweg fest.
Für Übersee-Aufträge empfiehlt sich häufig der Seeweg, der zwar preisgünstiger ist, dafür aber mehr Zeit benötigt. Auf dem europäischen Festland wiederum sind Lkw-Transporte effizienter, mit denen schon innerhalb von zwei Tagen über 1.000 km zurückgelegt werden können. Für den Transport von kleinem Werkzeug, elektrischen Mess- und Prüfgeräten sowie überschaubaren Nachschub-Lieferungen bietet sich auch der Luftweg an.
„Egal welchen Transportweg wir als am sinnvollsten erachten – die Vorbereitung dafür ist nicht zu unterschätzen“, betont Eric Ackermann. Hierfür nutzen er und seine Kollegen die bereits bestehenden Länderlisten, die sie regelmäßig aktualisieren. Alle Angaben darauf finden sich auch in der jeweiligen Landessprache, sodass beispielsweise russische oder chinesische Zollbeamte wesentlich zügiger kontrollieren können.
Prüfung bis zum letzten Schraubenschlüssel
Apropos China: SCHOLPP verschickt auch Material und Werkzeuge ins Reich der Mitte. Zuletzt ging ein Export-Container auf die Reise zu den Kollegen am Standort in Shanghai. „Der Weg war hier wirklich das Ziel“, erinnert sich der Materialwirtschaftsleiter an diesen schwierigen Auftrag, der nahezu täglich neue Herausforderungen mit sich brachte. „China ist beim Export sicherlich ein Sonderfall, da die Behörden wirklich alles ganz exakt wissen wollen – von der detaillierten Angabe der Werkzeuge bis hin zu deren Verwendung.“ Doch damit nicht genug: Die 4.000 Werkzeuge plus andere Packstücke mussten darüber hinaus mit Hinweisen zum Ursprungsland beschriftet, dazu gewogen und etikettiert werden. „In China wird bis zum letzten Schraubenschlüssel alles ganz genau kontrolliert – das muss man wissen und zeitlich einplanen.“
Andere Länder, andere Sitten
Jedes Land ist hinsichtlich der Einfuhrbestimmungen individuell. Eine Herausforderung, der SCHOLPP-Mitarbeiter immer wieder gegenüberstehen, ist die Einfuhr von Elektrogeräten. Sowohl bei der See- als auch der Luftfracht gelten vor allem für Akku-Geräte und Lithium-Ionen-Batterien elektrische Parameter, die nicht überschritten werden dürfen. Besonders für die Arbeit auf englischen Baustellen bedeutet das, entweder gleich eine Spezialbohrmaschine für 110 Volt zu nutzen oder einen Trafo im Gepäck zu haben, der die Spannung auf den deutschen Standard von 230 Volt bringt. „Wir versuchen natürlich immer alles mitzubringen, was wir im Land nicht oder nur unter Schwierigkeiten bekommen“, erklärt Eric Ackermann.
In Singapur etwa müssen Werkzeuge und Anschlagmittel im Vorfeld zertifiziert und mit einem festgelegten Farbcode versehen werden. Anschließend werden sie auf der Baustelle regelmäßig Prüfungen unterzogen. In Skandinavien wiederum müssen Hubgerüste auch im kalten Winter funktionstüchtig sein, weshalb das Hydrauliköl auf eine andere Viskosität gewechselt wird. Und Kisten, die nach Australien geschickt werden, müssen einen speziellen Holzboden aufweisen, der verhindert, dass Schädlinge und Keime als blinde Passagiere einreisen.
Keine Quarantäne für Werkzeug
Die gegenwärtige Corona-Pandemie beeinflusst natürlich auch die Auslandseinsätze von Unternehmen wie SCHOLPP. „Vieles ist gegenwärtig nicht vorhersehbar“, fasst der Leiter Materialwirtschaft die aktuelle Situation zusammen. Immerhin: Die Transporte zu den Zielorten sind weiterhin möglich, wenngleich die angebotenen Kapazitäten deutlich abgenommen haben. Dafür müssen Werkzeuge – im Gegensatz zu den SCHOLPP-Mitarbeitern – nach Ankunft vor Ort immerhin nicht in Quarantäne.
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